We are the world, we are the painters

Donnerstag, November 30, 2006

Kurzgeschichte


Werdet wie die Kinder…

Regenwetter - wie sie das hasste, wenn sie viel zu erledigen hatte! Genervt zog sie den Kragen und die Kapuze ihres schwarzen Mantels hoch, verschränkte die Arme und eilte über die Strasse zum nächsten Geschäft, ihre Einkaufstaschen eng an sich gedrückt.
Fast wäre sie auf dem nassrutschigen Boden im Geschäft hingefallen, sie konnte sich aber selbst grad noch rechtzeitig wieder in Balance bringen. Wenigstens war die Frau an der Kassa nett.
Wieder auf der Strasse wich sie vor Autos aus, die ihre Hosen nass spritzen könnten. „Scheisswetter.“ Schimpfte die Frau leiste zischend vor sich hin und schaute dabei die Regenwolken so böse an, dass sie grad mausetot vom Himmel gefallen wären, wenn Blicke Regenwolken töten könnten.
Im Stadtpark sprang ein Kind in die Pfützen, dass es nur so spritzte. Es strahlte übers ganze Gesicht. Die Frau ging langsamer. Nun schaute das Kind die Wolken strahlend an, öffnete den Mund und streckte die Zunge raus, um die Regentropfen aufzufangen. Die Frau erinnerte sich, dass sie das auch immer getan hatte als Kind. Sie wickelte sich enger in den Mantel, schaute wieder zu Boden und ging weiter. Nur noch da vorne um die Ecke, dann war sie daheim.
Plötzlich stand sie vor einer Pfütze und wollte gerade einen grossen Schritt darüber hinweg machen, als ihr das Kind einfiel. Sie stellte die Einkaufstaschen ab, ging einige Schritte zurück (zum Anlaufholen) und sprang mit beiden Beinen mitten in die Pfütze. Sie lachte und holte nochmals Anlauf. Ein vorbeigehender Mann musterte sie amüsiert. Die Frau streifte die Kapuze vom Kopf, hob die Taschen wieder auf und schwang sie um sich herum und drehte sich dabei. Der Regen machte ihr auf einmal nichts mehr aus. „Ich bin ja sowieso schon nass.“ dachte sie vergnügt, aber da sah sie auch schon die Eingangstür zu ihrem Daheim.
jo, am 5.4.2006